Am Anfang der Schwangerschaft bekommt man eine ganze Menge Informationsmaterial an die Hand – unter anderem eine Liste mit Lebensmitteln, die man nicht mehr essen soll. Doch eine Erklärung, warum man diese Lebensmittel nicht mehr essen soll, ist meistens nicht dabei. Und dann kommen noch jede Menge Empfehlungen aus dem Bekanntenkreis und der Familie. Doch was davon ist nun wirklich wahr, und was sind nur Mythen? Und warum sollen diese Lebensmittel vermieden werden und bestimmte Supplemente genommen werden? Das möchte ich in diesem Post zusammenfassen. Als Bonus gibt es dann noch eine Runde „Mythbusting“ auf Instagram – die entsprechenden Beiträge werden dann hier verlinkt.
Allgemeine Empfehlungen
Im Allgemeinen gilt: eine gesunde Schwangere benötigt keine besondere Ernährung. Eine ausgewogene, vollwertige Ernährung und ausreichend Bewegung, wie sie auch für alle anderen gesunden Erwachsenen empfohlen wird, deckt fast alle Nährstoffe ab. Die einzigen Ausnahmen sind Jod und Folat. Für diese Nährstoffe wird eine Supplementierung empfohlen.
Jod
100 – 150 µg Jod werden täglich als Supplement empfohlen, da hier ein deutlicher Mehrbedarf für die gesunde Entwicklung des Babys besteht. Da wir schon so unseren Jodbedarf meist nur mäßig decken, sollten hier Supplemente eingenommen werden. Schwangere mit Schilddrüsenerkrankungen sollten dazu definitiv Rücksprache mit den behandelnden Ärzten*innen halten.
Folat
Bereits vor der Schwangerschaft sollte Folat, bzw. Folsäure, eingenommen werden um die Speicher gut zu füllen. Mindestens bis zum Ende des ersten Trimesters sollen dann weiterhin 400 µg eingenommen werden um eine gesunde Entwicklung des Babys zu ermöglichen.
Für alle anderen Nährstoffe gilt: eine Supplementierung sollte nur nach individuellem Bedarf und nach eingehender Beratung stattfinden.
Mit einer ausgewogenen und abwechslungsreichen Ernährung kann man auch schon in der Schwangerschaft die spätere Ernährung des Babys prägen. Da das Fruchtwasser Geschmäcker aus der Ernährung der Schwangeren aufnimmt, lernt das Ungeborene so schon jede Mange Geschmäcker kennen. Und je mehr das sind, desto probierfreudiger wird es vermutlich später auch sein. Gleichzeitig wird so der Geschmack auf den vorhandenen Familientisch geprägt – es verwundert also nicht unbedingt, dass ein Kind bei Beikoststart die Pastinake verweigert, wenn sie sonst auch nicht auf dem Speiseplan der Familie steht.
Was die Mengen angeht, so hat man erst ab dem zweiten Trimester einen erhöhten Bedarf. Allerdings nur um 250 kcal, was grob einer Käsestulle mehr am Tag entspricht. Im letzten Trimester sind es dann 500 kcal Mehrbedarf als vor der Schwangerschaft. Gehen wir von 2000 kcal Bedarf vor der Schwangerschaft aus, sprechen wir also von einem Viertel mehr Kalorien. Nicht vom Doppelten ?
Worauf sollte ich achten – und warum?
Es geht bei den Empfehlungen rund um die Ernährung bei Schwangeren nicht per se darum, dass irgendeines dieser Lebens- oder Genussmittel sofort Auswirkungen auf das Baby hat. Eine Ausnahme bildet hier vielleicht Alkohol. In der Schwangerschaft gilt: jeder Tropfen Alkohol ist einer zu viel. Der Blutalkoholspiegel des Babys entspricht dem der Schwangeren. Allerdings hat das Baby noch keine Möglichkeiten den Alkohol abzubauen. Alkohol kann dann zu gravierenden Fehlbildungen führen. Das gilt von Tag 1 der Schwangerschaft bis zum Ende der Schwangerschaft. Wichtig ist allerdings: solltet ihr etwas getrunken haben, bevor ihr von der Schwangerschaft wusstet, grämt euch deswegen nicht. Es muss nichts passiert sein und ändern könnt ihr es sowieso nicht mehr. Den zusätzlichen Stress kann man sich also sparen. Von alkoholischen Wehencocktails oder einem Glas Rotwein um die Geburt einzuleiten rate ich allerdings explizit ab. Aus ethisch nachvollziehbaren Gründen gibt es keine Studien dazu wann welche Menge Alkohol schädlich sein kann. Daher ist vom Verzehr generell abzuraten.
Weiterhin sollte nicht übermäßig viel Koffein konsumiert werden. Bis zu drei Tassen Kaffee werden als unbedenklich eingestuft. Allerdings darf man Cola oder Energydrinks als Koffeinquelle nicht vergessen – die muss man entsprechend mit einrechnen.
Und ähnlich verhält es sich bei den anderen Empfehlungen auch. Es geht dabei in erster Linie darum, dass es möglich ist, mit Lebensmitteln Bakterien oder Parasiten aufzunehmen, die einem gesunden Erwachsenen eher wenig zusetzen (auch wenn eine Lebensmittelvergiftung kein Spaß ist), einer Schwangeren – und ggf. insbesondere einem ungeborenen Baby – aber schon. Hier kann mit entsprechender Küchenhygiene und dem Erhitzen von Lebensmitteln aber gut entgegengewirkt werden. Im Wesentlichen handelt es sich um folgende Lebensmittel, die nicht verzehrt werden sollten:
- rohe tierische Produkte, dazu gehören auch
- Rohmilchprodukte
- geräucherter Lachs
- Tiramisu
- frische Aioli oder Mayonnaise
- nicht durchgegarte tierische Produkte
- weichgelochtes Ei
- Spiegelei
- Steak medium oder rare
- möglicherweise verunreinigte Produkte
- vorgeschnittene Salate
- Produkte aus der Frischetheke
- ungewaschenes Obst und Gemüse (besonders diejenigen, an welchen Erde dran ist)
Durch das gründliche Waschen oder Schälen von Gemüse und das Durchgaren (oder Pasteurisieren) von tierischen Produkten werden die Verunreinigungen beseitigt bzw. die Erreger abgetötet. Aber um welche Infektionen genau geht es denn nun?
Listeriose
Die Listeriose wird von Listerien ausgelöst: Bakterien, die in verunreinigten Lebensmitteln vorkommen können. Das sind vor allem rohe, tierische Lebensmittel (inkl. Rohmilcherzeugnisse), aber auch vorgeschnittene Salate. Bei Schwangeren kann eine Listeriose sogar symptomfrei sein, es kann aber zu Früh- oder Totgeburten kommen. Auch eine Infektion unter der Geburt ist möglich und kann zu gravierenden Symptomen beim Säugling führen. Da Listerien aber bei einer Erhitzung auf über 70 °C abgetötet werden, kann diesen gut entgegen gewirkt werden.
Toxoplasmose
Toxoplasmose wird von dem Parasit Toxoplasma gondii ausgelöst. Dieser hat als Endwirt den Darm der Katze, daher ist er vor allem in Katzenklos zu finden. Diese Aufgabe sollten Schwangere also auslagern. Außerdem kann der Kot von infizierten, freilaufenden Katzen auch Gemüse verunreinigen. Als Zwischenwirte kommen allerdings auch andere Warmblüter in Frage. Hier gilt wieder: Erhitzen auf mindestens 70 °C Kerntemperatur tötet den Parasit verlässlich ab.
tl;dr
Es gibt einige Dinge bei der Ernährung zu beachten, aber mit einer guten Küchenhygiene und einer ausgewogenen Ernährung ist der Großteil schon geschafft. Jod und Folsäure als Supplemente werden empfohlen, alle anderen Supplemente nur individuell und nach Rücksprache. Rohe, tierische Produkte und Alkohol sollten komplett vom Speiseplan verschwinden.
Hast du noch Fragen zu bestimmten Lebensmitteln oder eine aberwitzige Empfehlung bekommen? Poste sie gerne in den Kommentaren!
Quellen
- https://www.dge.de/presse/pm/was-schwangere-nicht-essen-sollten/
- https://www.rki.de/DE/Content/Infekt/EpidBull/Merkblaetter/Ratgeber_Listeriose.html
- https://www.rki.de/DE/Content/Infekt/EpidBull/Archiv/2018/Ausgaben/42_18.pdf?__blob=publicationFile
- https://www.aerzteblatt.de/archiv/136490/Ernaehrung-in-der-Schwangerschaft-Fuer-das-Leben-des-Kindes-praegend
- https://www.bfr.bund.de/cm/343/rohwurst_kann_eine_infektionsquelle_fuer_toxoplasmose_sein.pdf